Mr. Robot – oder auch: the beauty of Mr. Robot

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Mr. Robot – oder auch: the beauty of Mr. Robot

„Hallo Freund.“ – Mit diesen Worten beginnt eine Serie die in vielen Bereichen neue Maßstäbe setzt. Alle anderen Serien müssen sich in Zukunft daran messen lassen. Es ist ein wahres Feuerwerk an Experimentierfreudigkeit und neuen Ideen welche in Mr. Robot eingebunden werden.

Deshalb nehme ich mir das mal als Anlass um einige Zeilen über die genialste Serie ever(!) zu schreiben. Ihr merkt schon, ich schwärme. Und ja, wenn ich von etwas so sehr angetan bin, versuche ich meine Freunde und Bekannten dazu bewegen, dies nach zu empfinden. Ich achte beim Film oder Serie schauen schon immer auf mehr als nur die tatsächliche Story und die schauspielerischen Leistungen. In Mr. Robot werden nicht nur diese beiden Punkte perfekt abgeliefert. Nein, Mr. Robot ist zudem ein wahres Fest für Fans von Bild und Ton.

Einer der Gründe warum Mr. Robot immer noch so weit unter dem Radar fliegt, könnte alleine schon der Name sein. Ich gebe zu dass man zunächst wohl an Roboter und an eine Science-Fiction Serie denkt. Diejenigen die dann doch etwas über den Inhalt wissen, werden evtl. auch etwas abgeschreckt. Nur weil sich das Thema Hacken durch die gesamte Serie zieht, ist es noch lange keine nerdige oder freakige Serie. (Ok, ich gebe zu, ein wenig schon. Techies werden die meisten Begriffe kennen und auch mit dem ein oder anderen Konsoleninhalt werden sie definitiv etwas anfangen können.) Doch so oberflächlich sollte man sich nicht an neue Serien heranwagen. Ich kenne auch einige die Mr. Robot begonnen haben, dann in der zweiten Staffel aber leider aufgehört haben dieser faszinierenden Story weiter zu folgen. Ich kann nur so viel sagen: Ja, die zweite Staffel ist anfangs etwas schwierig, sie befasst sich mit den Ereignissen der ersten Staffel und führt die Story nur langsam fort. Drann bleiben lohnt sich in jedem Fall. Die letzten Episoden der 2. Staffel ziehen ordentlich an. Generell ist Mr. Robot auch keine Serie die man “mal so nebenbei” schauen sollte. Es erfordert doch einige Konzentration. Aber wenn man dabei bleibt, wird man belohnt.

Die Serie setzt gleich mehrfach erzählerisch und filmisch neue Maßstäbe. Leise, unaufdringlich, aber so gekonnt wie selten zuvor.

Elliot: „Ist es, dass wir kollektiv denken, Steve Jobs war ein großartiger Mann, sogar als wir wussten, dass er Milliarden durch Kinderarbeit verdient hat? Oder vielleicht auch, weil es sich anfühlt als wenn unsere Helden nur Fälschungen sind? Die Welt als solche ist nur ein großer Schwindel, wir spammen uns voll mit unseren immerwährenden Bullshit-Kommentaren, als Erkenntnisse getarnt, unsere sozialen Medien, die Intimität vorgaukeln. Oder ist es, weil wir das gewählt haben, nicht durch unsere gefakten Wahlen, vielmehr mit Dingen, unserem Eigentum, unserem Geld? Ich erzähle nichts neues, wir wissen alle, wieso wir das tun. Nicht, weil uns die “Tribute von Panem”-Bücher glücklich machen, sondern weil wir ruhig gestellt werden wollen. Weil es schmerzhaft ist, nichts vorzutäuschen, weil wir Feiglinge sind. Scheiß Gesellschaft.“

Hauptpfeiler der Serie sind, wie bereits angesprochen, das Thema Hacken und die psychische Verfassung des Hauptcharakters Elliot. Dabei ist Mr. Robot sehr kritisch eingestellt. Neben Kritik am Kapitalismus, Konsumzwang und dem Mainstream wird auch Kritik an der Gesellschaft an sich geäußert. Zudem gibt es immer wieder Hinweise und Versuche zur Sensibilisierung für Privatsphäre und Überwachung. Am Ende muss man aber auch Merkmale wie Vertrauen und den Glauben an das Gute erwähnen. Grundsätzlich ist Mr. Robot ein klassisches Drama als Psychothriller verpackt. Dabei ist die Serie so herrlich anders und kommt ohne jeglichen Hollywood Schnickschnack aus.

Da es darauf ankommt die Serie unvoreingenommen zu sehen, werde ich hier auf Spoiler verzichten. (Auch wenn es mir extrem schwer fällt.) Dennoch ein kurzer Abriss der Story, damit man ungefähr weiß von was die Serie denn eigentlich handelt.

>> Tagsüber arbeitet Elliot Alderson (Rami Malek) als IT-Spezialist bei einer Internetsicherheitsfirma namens AllSafe. In seiner Freizeit hingegen hackt der psychisch labile Sonderling sich gerne in die Daten seiner Kollegen, oder auch von Leuten, die ihm suspekt vorkommen. Elliot lebt ein sehr einsames Leben und meidet Kontakte, da er soziale Phobien hat und es ihm schwer fällt sich mit anderen Menschen zu umgeben. Seine einzige Vertrauensperson ist Angela (Portia Doubleday), eine Freundin aus Jugendtagen und ebenfalls Mitarbeiterin bei AllSafe.

Eines Tages trifft Elliot in der U-Bahn eine rätselhaften Mann (Christian Slater). Dieser überredet Elliot, sich seiner Hackergruppe Fsociety anzuschließen, die eine antikapitalistische Revolution auslösen wollen. Das Ziel: einen multinationalen Megakonzern zu hacken und dessen Serverfarmern löschen.

Unterdessen versucht der junge, aufstrebende Tyrell Wellick (Martin Wallström), die Karriereleiter bei E-Corp zu erklimmen. Er sieht seine Chance gekommen, als dem aktuellen CTO Terry Colby (Bruce Altman) ein Skandal droht, initiiert durch Fsociety. <<

Tyrell: “Aber dennoch wüsste ich gern, wieso Sie das taten? Was hofften Sie zu erreichen, wenn Sie das alles tun, Elliot?”
Elliot: “Keine Ahnung… ich wollte einfach nur die Welt retten.”

Showrunner und Regisseur ist der amerikanische Regisseur Sam Esmail, der selbst in der Hacker-Szene gelebt hat.

Als Inspiration dienten dem ägyptischstämmigen Esmail vor allem die Hackerkultur. Als weitere Einflüsse auf die Serie bestätigte Esmail die Filme American Psycho, Taxi Driver, Uhrwerk Orange, und Matrix. Esmail erklärte, dass er versucht hatte durch die musikalische Untermalung mit dem Lied „Where Is My Mind“, welches am Ende von Fight Club Verwendung fand, dem Publikum klar zu machen, dass der Film als Inspiration für die Serie diente. Weitere Einflüsse waren Taxi Driver für die Rolle des Protagonisten als Erzähler; Lockere Geschäfte für die Musik; Blade Runner für die Charakterentwicklung; und Breaking Bad für den Handlungsbogen. Viele Einflüsse. Aber was Esmail in diesem Drama alles daraus gemacht hat, ist in vielerlei Hinsicht einmalig.

Die Hauptrolle „Elliot Alderson“ wird von Rami Malek verkörpert. Er liefert über die gesamte Serie hinweg eine herausragende Leistung ab. Gerade auch in stillen Momenten zeigt sich sein Können, da er auch nur durch seine Mimik versteht, Szenen für sich einzunehmen. Sein können wurde mittlerweile auch gewürdigt, da er für seine Darstellung von Freddie Mercury im Film „Bohemian Rhapsody“ einen Oscar gewann. Alleine für die schauspielerische Leistung von Rami Malek lohnt es sich die Serie zu sehen. Es gab zumindest einige Auszeichnungen, wie zum Beispiel bei den Golden Globe Awards 2016: Beste Serie – Drama, Bester Nebendarsteller – Serie, Miniserie oder Fernsehfilm (Christian Slater), eine weitere Nominierung in der Kategorie Bester Serien-Hauptdarsteller – Drama (Rami Malek).

Ollie: “Ich denke, irgendwas ist merkwürdig zwischen uns, findest Du nicht?”
Elliot: “Ich find’s ok, dass es merkwürdig zwischen uns ist.”

Die gesamte Serie lebt vom Talent der Schauspieler Rami Malek (in der Rolle als Elliot Alderson), Carly Chaikin (Darlene), Portia Doubleday (Angela Moss) und Martin Wallström (Tyrell Wellick). Sie alle brillieren in dieser Serie. Natürlich auch dank der Leistung des Autorenteams und der daraus resultierenden, äußerst differenzierten Charakterzeichnung.

Im Laufe der Serie werden wenige neue Hauptcharaktere eingeführt, welche allesamt von großartigen Schauspielern dargestellt werden. Dabei könnte so manche Figur direkt aus einem Quentin Tarantino Film entsprungen sein. I like it! Der gesamte Cast ist bis in die kleinste Nebenrolle perfekt besetzt. Dabei werden die Charaktere behutsam eingeführt. Nach einiger Zeit entwickeln sie aber eine Tiefe, weswegen man nicht selten mitfühlt und auf Grund der Charakterentwicklung verblüfft sein wird. Hervorzuheben ist herbei ganz klar die Rolle der “Dom”. Dominique “Dom” DiPierro, brilliant verkörpert von Grace Gummer, ist ein Beleg für eine rundum gelungene Charakterzeichnung.

Die vielen Monologe die von Elliot ausgeführt werden, lassen uns als Zuschauer nicht selten zum Nachdenken anregen. Auch der subtile und teils etwas bizarre Humor lässt den Zuschauer nicht nur einmal überlegen, ob er das gesehene oder gesprochene nun witzig finden, oder doch eher Mitgefühl zeigen soll.

Sam Esmail hat für mich (und für viele andere ebenfalls) ein Meisterwerk erschaffen. Ein rundum perfektes Paket wurde geschnürt und abgeliefert. Man sieht es in so vielen Details. Ursprünglich als Film geplant, bin ich froh darüber das er die Chance bekam, seine Story mit 4 Staffeln einer Serie darstellen zu können – ohne große Kompromisse – mit allen künstlerischen Freiheiten.

Elliot: “Was würde ich nicht dafür geben normal zu sein, in dieser Blase zu leben. Die Realität der Naiven.”

Das Serienfinale ist mit Abstand das Rundeste und in sich kompletteste was es jemals gab. Die Art und künstlerische Weise, wie dies geschieht ist bis dato unerreicht. Denn nach dem Serienfinale ist deutlich, dass Mr. Robot ein Werk ist, das von Anfang an durchgeplant war und durch die Auflösung und dem Aha-Effekt (der zwangsläufig einsetzen wird – glaubt mir!) beim zweiten Mal schauen umso mehr Spaß macht, da sie ihr tiefstes Geheimnis, über die gesamte Serie hinweg, im hellem Licht versteckt. In der Tat ist ein rewatch von Mr. Robot sehr zu empfehlen.

Die Dialoge sind bis aufs kleinste Detail mit Bedacht gewählt und bieten in vermeintlich unwichtigen Nebensätzen immer wieder  Referenzen und Hinweise auf das was eigentlich geschieht. Und das ist es auch was die Serie ausmacht. Die Durchdachtheit. Alles, wirklich alles, hat seinen Sinn und Zweck. Alle Handlungsstränge sind erklärbar, alle Kameraeinstellungen sind genauso mit Bedacht gewählt, wie die Worte, die die Figuren von sich geben. Das ist schlicht Kunst. Fernsehkunst, die als Benchmark herhalten muss.

Dramaturgisch und erzählerisch bedient sich der Regisseur hierbei immer wieder an sogenannten Flashbacks: Rückblicke – die manchmal etliche Episoden später einsetzen – die aber wichtig für das gesamte Geschehen sind. Keine Frage, wirklich keine einzige Frage bleibt unbeantwortet. Auch wenn sich immer wieder neue Fragen auftun. Als Zuschauer findet man sich öfters in einem moralischen Zwiespalt wieder aus dem man sich nur schwer lösen kann. Das ist die Kunst, mit der man an die Story gefesselt wird.

Auch die Schwachstellen der Zuschauer werden ausgenutzt. Sowohl was wir sehen und hören, als auch unsere Hoffnungen und Wünsche an die Dramaturgie sind selbstbewusster Teil der Handlung. Mehr als das. Wir als Zuschauer selbst – sind Teil der Handlung, Teil der Täuschung! Das Thema Hacken wird hierbei so realistisch wie nie, und als das was es wirklich ist: das Ausnutzen von Schwachstellen, in einer Serie oder Film dargestellt.

Angela: “Hey, das wird schon wieder.”
Elliot: “Ich denke, ich bin verdammt weit weg von ‘Das wird schon wieder’.”

Künstlerisch wirkt die Serie manchmal wie ein Experiment. Es werden viele Dinge ausprobiert bzw. auf außergewöhnliche Art und Weise eingebunden. Hervorzuheben ist dabei die allgemeine Optik. Besonders die Art der Kameraführung, die perspektiven der eingefangenen Kamerabilder, und natürlich der geniale Soundtrack bzw. Score mit absolut passenden Melodien oder einzelnen Songs tragen zum Gesamtbild von Mr. Robot bei.

Die Detailverliebtheit ist allgegenwärtig. Nichts, aber wirklich nichts ist dem Zufall überlassen. Sam Ismail beweist ein einmaliges Gespür für die Liebe zu Details. Man sieht und spürt regelrecht, dass ab Mitte der ersten Staffel Sam Ismail alles unter alleiniger Kontrolle hatte.

Beispiele für die künstlerischen Freiheiten und Details mit der sich Sam Ismail in Mr. Robot austoben durfte bzw. ausgetobt hat:

  • Die Namen der einzelnen Episoden nehmen häufig Bezug auf den Inhalt der einzelnen Folgen. Sie beinhalten mal mehr oder weniger kryptische Begriffe aus dem IT-Bereich. Videoformate als Dateiendung, Error-Codes aus dem Web, oder Anspielungen auf Programmiersprachen.
  • Episode 03/05 – “runtime-error.r00” – ist als sogenannte One-Shot Folge gedreht bzw. bearbeitet worden, welche ohne Kameraschnitt auskommt
  • Abermals ist es die 5. Folge einer Staffel die heraussticht. S04/05 – “405 Method Not Allowed” zeichnet sich dadurch aus, dass für fast die gesamte Dauer kein Wort gesprochen wird. Und die wenigen Wörter die am Anfang und Ende gesprochen werden, sind auch wieder mit einem Augenzwinkern zu betrachten.
  • S02/06 “m4ster-s1ave.aes” – Beginnt im Stil einer klassischen amerikanischen SitCom – mit derben Humor und einem absoluten Überaschungsgast!
  • Immer wieder gibt es spezielle Szenen in der U-Bahn: Nichts sehen, nichts hören, nichts sprechen (die drei Affen!?), Smileys als Gesichter, Sam Esmail hat einen Cameoauftritt, Plakate und deren Schriften, etc…
  • Die 4. Staffel spielt komplett zur Weihnachtszeit. Das wirkt sich mehr als deutlich auf das Setting und die Atmosphäre aus.
  • Das Spiel mit den Titelcards zu Beginn jeder Episode. Ja, es gibt keinen wirklichen Vorspann, nur eine kurze Einblendung des Serientitels und der Name des Regisseurs. Immer zu Beginn einer Episode, aber zeitlich sehr variierend. Auch hier ist es wieder, die Art und Weise und mit welchem Timing die Titelcard eingeblendet wird. Mal im retrodesign, mal bleibt die Schrift stehen während die Bilder weiterlaufen, es ist extrem variabel und über all die Episoden ein wichtiges Merkmal der gesamten Serie.
  • Das Spiel mit dem Abspann und die dazugehörige musikalische Untermalung. Wer erinnert sich noch an die „die rote Hochzeit“ aus GoT und dem stillen Abspann? Diese Wirkung wird auch hier hin und wieder genutzt.
  • Zum Ende jeder Staffel gibt es eine Extraszene – nach dem Abspann.
  • Es werden immer wieder Bilder und Videoaufnahmen aktueller Politiker eingeblendet. Auch eine Spitze gegen Donald Trump konnte sich Sam Esmail nicht verkneifen.
  • Skurile Szenen und Charaktere: Eisverkäufer, Schneemann auf der Bank, Weihnachtsmann, wiederkehrender Mann mit Sandwich in der Hand
  • allgemeine “Easter Eggs”: Die Adresse von Elliots Haus aus der Kindheit hat die Nummer 404. Ein eingeblendeter QR-Code aus Staffel 1 führt zu einer Internetseite. Bestimmte IP-Adressen, die in der Serie zu sehen sind, führen tatsächlich auf einige Websites. Beispiele: 192.251.68.239, 192.251.68.250, and 192.251.68.254
  • Das Schachspiel aus Staffel 2 ist eine Kopie der Züge aus einem der bekanntesten Schachspiele aus dem Jahr 1851.
  • Immer wieder Rückblicke auf vergangene Zeiten. Retro Baby! Auffällig sind dabei die Referenzen auf frühere Kinofilme und Serien.
  • Die offizielle Homepage sagt eigentlich alles! 🙂 whoismrrobot.com
  • Auch diese Website hier kann man schon fast als Hommage an die Serie werten: red-wheelbarrow.com

# Beispiele der Titelcards:

Elliot: „Wie nehme ich eine Maske ab, wenn sie keine Maske mehr ist?“

Wer Regeln brechen will, muss sie kennen. Dieser Prämisse folgt die Kameraführung von Tod Campell und Tim Ives. Der Umgang der Kamera mit dynamischer Symmetrie bei der Wahl der Bildausschnitte ist, ebenso wie die Farbpsychologie der Serie, prägnant und stilbildend. Die Bilder unterstützen bei Mr. Robot in jeder Sekunde das Storytelling. Trotzdem bleibt sie in fast schon magischer Weise diskret und unaufdringlich. Gerade diese Symmetrischen Bilder ziehen sich wie ein roter Faden durch die gesamten Episoden. Ist es optisch ein genialer Einfall mit wirksamen Effekt. So sorgt eben diese Symmetrie in vielen Szenen für zusätzliche Tiefe der Charaktere und hebt Geschehnisse noch deutlicher hervor. Eine fast schon klassische Treppenhausfahrt (in Staffel 3) der Kamera wirkt bei Sam Ismail noch etwas intensiver als alles was man bisher gesehen hat. In einigen Szenen kommen auch 360° Kamerafahrten zum Einsatz, die mit ihrer künstlerischen Art die Dramaturgie erheblich steigern. Auch die Methode, die Kamera für einige Zeit in einem Bildausschnitt verharren zu lassen, während das Geschehen für diese Zeit nur in diesem Bildausschnitt zu sehen ist, lässt die gezeigten Bilder auf besondere Art und Weise intensiver wirken.

Besonders hervorzuheben ist hierbei die letzte Folge in Staffel 4. Das Spiel mit dem Licht und die eingesetzten Kameraperspektiven sorgen für eine Dynamik die extrem zur Intensität der Szenen beisteuert. Als besonders intensiv eingefange Momente, würde ich auch die Schachspielszene in der 2. Staffel nennen.

# Beispiele die veranschaulichen wie künstlerisch die Bilder von Mr. Robot gestaltet sind. “The beauty of Mr. Robot“.

Aber auch der für die Musik zuständige Komponist Mac Qualye braucht den Vergleich mit Spielfilmen nicht zu fürchten. Seine Arbeit macht die Serie auditiv zum Erlebnis. Wer sich schon mal gefragt hat, wie viel Musik-, und Sound-Design für bewegte Bilder leisten können, der findet bei Mr. Robot die Antwort. Und wer sich schon mal mit der Frage auseinandergesetzt hat, wann, wo, warum und für wie lange ein Musik-Einsatz erfolgen sollte, für den ist diese Serie schlichtweg Pflicht. (Gerade die häufig verwendeten abrupten Abbrüche der musikalischen Untermalung sind in Mr. Robot ein probates Mittel um perfekt im Einklang mit der Szenerie zu wirken.) Mit absoluter Präzision sorgt die Musikauswahl für eine emotionale Unterstützung der Story und trägt diese noch gewaltiger voran. Sie existiert nicht nur als Hintergrundrauschen oder als Überbrückung. Nein! Die Musik bei Mr. Robot bindet sich in die Geschichte mit ein und dient eindeutig dem Zweck die Handlung zu unterstützen und noch intensiver wirken zu lassen.

Auch hier gibt es Beispiele: „Sound in Color“ in S01/10 “zer0-day.avi1″ und in Episode 12 der Staffel 2 (S02/12 „python_pt2“) welche für mich zu einer der besten Folgen überhaupt zählt: ab Minute 32:40 wird der Song „The Moth & The Flame“ von Les Deux Love Orchestra gespielt. Gerade diese Szene bis Minute 36.35 endet mit Unterstützung der Musik in einem absolut bildgewaltigen Finish.

Ein weiteres Beispiel ist Episode 02/10 „h1dden-pr0ces“. Ab Minute 32.04 startet ein Score der anfangs im Hintergrund startet und sich dramaturgisch aufbaut. Ganze 10 min(!) wird eine Spannung aufgebaut die zum Ende hin fast ins unerträgliche führt. Man rechnet die gesamte Zeit mit einem Ereignis. Als man dann (mehr oder weniger) endlich erlöst wird, muss man sich eingestehen, trotz dieser Wartezeit nicht damit gerechnet zu haben.

Auf der Seite der Uni Weimar gibt es einen Podcast der sich eingehend mit der Musik von Mr. Robot befasst. Ja, das ist nur was für Nerds. Aber ich finde es krass, wieviele Gesprächsthemen diese Serie so nach sich zieht.

Hier zwei gute Zusammenfassungen auf youtube die neben den markanten Scores auch einige Songs aus der Serie beinhalten:

Mr. Robot: „Ist irgendetwas davon real? Ich meine, sieh es dir an! Eine Welt aus Fantasie erschaffen! Synthetische Emotionen in der Gestalt von Pillen, psychologische Kriegsführung in der Gestalt von Werbung, gemütsverändernde Chemikalien in der Gestalt von von Essen, Gehirnwäscheseminare in der Gestalt von Medien, kontrollierte isolierte Seifenblasen in der Gestalt von sozialen Netzwerken. Real? Du willst über die Realität sprechen? Wir haben seit der Jahrtausendwende in nichts vergleichbarem gelebt. Wir haben sie abgeschaltet, die Batterien rausgenommen unsern Genmais geknabbert und die Überreste auf die ewig wachsende Müllhalde des menschlichen Daseins geworfen. Wir leben in Markenhäusern die durch Unternehmen rechtlich geschützt sind und aus bipolaren Zahlen gebaut sind, die auf digitalen Anzeigetafeln auf und ab springen und uns so in den tiefsten Schlummer hypnotisiert haben, den die Menschheit je gesehen hat. Du musst ziemlich tief buddeln Kleiner, um irgendwas Reales zu finden. Wir leben im Königreich des Schwachsinns und du hast viel zu lange darin gelebt.“

Um die Serie Mr. Robot hat sich im Internet eine regelrechte Fankultur entwickelt. Es gibt unzählige Diskussionen über die Story, unzählige Kunstbilder, Sammlungen von Musikstücken, und eine Vielzahl an geschnittenen Videos die sich entweder bestimmte Szenen widmen oder sich einer der vielen künstlerischen Aspekten der Serie widmen.

Es ist schwierig über eine Serie zu schreiben ohne zu spoilern und zu viel zu verraten. Ich könnte noch so viel mehr schreiben. Aber das Beste ist es tatsächlich, sich ohne großes Hintergrundwissen auf die Serie einzulassen. Glaubt mir: es lohnt sich! Alleine für das epische Finale. Staffel 4 beinhaltet insgesamt 13 Episoden. Mit Episode 11 wird die Geschichte abgeschlossen. Dann folgen noch zwei weitere Folgen, die sich einzig und allein dem Abschluss der eigentlichen Story widmen – übrigens mit einem großartigen Twist! Auch hier wieder: Wie das geschieht, auf welche Art und Weise, mit welchen stilistischen Mitteln wir als Zuschauer aus der Serie entlassen werden ist fast schon episch. Nein, hier kann man definitiv das Wort episch verwenden!

Müsste ich eine Wertung für Mr. Robot abgeben, so würde die gesamte Serie eine Punktzahl von 9,5 erhalten. Der Punktabzug einzig und alleine nur wegen dem kleinen Durchhänger zu Beginn der zweiten Staffel und einigen eher Schwachen Episoden. Zum Vergleich: Game of Thrones bekommt von mir, nicht zuletzt wegen der absolut seelenlos abgedrehten letzten Staffel, nur eine 7,5.

Dabei gibt es einige Episoden die definitiv herzuheben sind, wenn nicht gar als neuer Benchmark herhalten können:

S01/04 – “da3m0ns.mp4” – die Szenen des Entzuges strotzen nur vor subtiler Symbolik, philosophischen Ansätzen und Einblicken in Elliots Psyche.

S02/09 – “init5.fve” – Eine Episode auf höchstem Niveau. Ab hier nimmt die Serie richtig an Fahrt auf.

S02/12 – “pyth0n-pt2.p7z”

S03/10 – “shutdown -r” – Episode die extreme Geschwindigkeit in die Serie bringt.

S04/01 – “401 Unauthorized” – Künstlerisches Highlight. “Don´t worry be happy.”

S04/07 – “Proxy Authentication Required” – Ein Drama in fünf Akten, um genau zu sein. Und nicht nur diese Akt-Aufteilung hat der Episode etwas im Stile einer Theater-Aufführung gegeben. Es gibt dramatische Streicher-Arrangements, lang(sam)e Schwarzblenden und letztlich bekommen wir nur sechs Figuren und zwei Räume zu sehen. Ein Kammerspiel deluxe!

S04/13 “Hello, Elliot” – Doppelfolge mit insgesamt etwa 90 Minuten, die fortan als Paradebeispiel für den Abschluss einer Fernsehserie stehen dürften. Nicht nur, sondern vor allem deswegen, weil Sam Esmail die Handlung konzentriert, das Aufeinandertreffen von Figuren zelebriert und eine Atmosphäre schafft, die Endzeitstimmung aufkommen lässt.

Schaut euch Mr. Robot an – und Dankt mir nachher! 🙂

Elliot: „Ist das was Gott tut, helfen, ja? Sagen Sie mir, wieso hat Gott meinem unschuldigen Freund der grundlos starb nicht geholfen, während der Schuldige völlig frei herumläuft? Ok. Schön. Vergessen wir alles Einmalige. Was ist mit den zahllosen Kriegen, die in seinem Namen erklärt wurden. Ok. Schön. Lassen wir den wahllosen bedeutungslosen Mord für ‚ne Sekunde außen vor. Was ist mit der sexistischen rassistischen Phobiensuppe in der wir alle ertrinken? Und zwar seinetwegen! Und nein, ich rede hier nicht nur von Jesus. Ich spreche hier von allen organisierten Religionen – exklusive Gruppen, erschaffen um die Kontrolle zu behalten, ein Dealer, der die Menschen auf die Droge Hoffnung bringt. All seine Jünger, nichts weiter als Abhängige die ihren Schuss Bullshit wollen, nur um ihr Dopamin der Ignoranz zu behalten. Abhängige, die Angst haben die Wahrheit zu glauben, und zwar, dass es keine Ordnung oder keine Macht gibt, dass alle Religionen nur metastasierende Verstandswürmer sind. Verstandswürmer, die uns trennen sollen, damit es einfacher ist uns Regeln aufzuerlegen von den Scharlatanen die uns regieren wollen. Theoretisch sind wir für sie nichts weiter als bezahlende Jünger ihres wirklich schlecht geschriebenen Sci-Fi-Franchise. Wenn ich nicht auf meinen imaginären Freund höre, wieso sollte ich dann auf euren hören. Die Menschen denken, ihre Verehrung wäre vielleicht ein Schlüssel zum wahren Glück, doch so macht er euch nur zu Eigen. Selbst ich bin nicht verrückt genug, diese Verzerrung der Realität zu verinnerlichen. Also scheiß auf Gott. Als Sünder ist er einfach nicht gut genug für mich.“

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