Friedberger
Halbmarathon
...verrückteste Aktion ever!

Halbmarathon – auf meine Art

Halbmarathon – auf meine Art 1080 607 vagabunt.me

Die Vorgeschichte: Seit mehreren Jahren plane ich mit einer guten Freundin (Dani) die Teilnahme an einem Halbmarathon bei uns in der Umgebung. Das besondere an diesem Lauf ist folgendes: Es ist ein Rundkurs der 4x durch die Friedberger Innenstadt inkl. dem berüchtigten Altstadtberg führt. Dieser Berg hat eine Steigung von 13% und zieht sich ca. 200m lang.

Nunja, die letzten Jahre führte entweder Verletzungspech oder zuletzt auch “chronische-nicht-Vorbereitung” dazu, dass wir nicht teilgenommen haben. Dieses Jahr sollte es anders sein! Wir trainierten den Sommer über relativ fleißig. Zur besseren Vorbereitung sind wir auch mehrmals zwei oder drei Runden der tatsächlichen Strecke des Halbmarathons gelaufen. Trotz des heißen Sommers blieb ich relativ gut im Training. Hier muss ich noch anmerken: Dani ist eine Sportgranate und einfach topfit. Ich bin hingegen Raucher, und gerade im Sommer ein fleißiger Biertrinker gewesen. Hiermit möchte ich zum Ausdruck bringen: das meine Vorbereitung viel besser hätte sein können 😉

Wir meldeten uns somit zum Lauf an. Einige Tage später stellte ich fest, dass sich der Sonntag, 13.09. mit einem weiteren Vorhaben von mir überschneidet: Hamburg BluePort. An dieser Stelle der Querverweis zu einem anderen Beitrag von mir, der die Tage direkt vor dem Halbmarathon schildert.

Hmmmm… ok. Soviel zur Vorgeschichte. Am Vorabend des Laufes ging ich relativ spät ins Bett. Trotz Übermüdung war ich durch meine Erlebnisse in Hamburg innerlich total aufgewühlt und spielte schon mit dem Gedanken die Teilnhame abzusagen. Meine Beine schmerzten brutal und ich fühlt mich ziemlich unfit 😉

Am nächsten Morgen klingelte um 6 Uhr der Wecker. Ich machte mir einen Kaffee und setzte mich auf meinen Balkon. Ich grübelte vor mich hin: Absagen? Erneut die Teilnahme verpassen? Mit laufen und jämmerlich versagen oder gar zusammenklappen? Ich schrieb Dani und meinem Schwager das ich am zweifeln bin und mir die Schmach ersparen will. Nach einiger Überredungskunst von Dani zog ich mir meine Laufkleidung an und lief 2x um den Block. “hmmmmm, das läuft erstaunlich gut”, dachte ich mir. Die gelaufenen Blasen merkte ich gar nicht mehr. Also los! Das wird in Angriff genommen! Ab unter die Dusche, ein bisschen Toast und ne Banana gegessen, viel Wasser getrunken, Sachen eingepackt und los gings. Vorab natürlich noch allen Bescheid gegeben das ich am Start bin 🙂

Auf dem Weg ist mir wieder etwas wichtiges fast vergessenes eingefallen: shit, ich brauch eine GPS-Uhr – die mir meine Geschwindigkeit und Zeit pro Kilometer anzeigt. Das hatte ich jetzt in dem ganzen Chaos vergessen. Also Kumpel angerufen – der ging natürlich um die Uhrzeit nicht ran… tja, dann muss er jetzt da durch. Vor der Türe Sturm geklingelt (sorry Thomas!), Uhr erhalten, und weiter gings.

Am zentralen Sammelparkplatz war schon reges Treiben. Ich zog mir meine Schuhe an und lief mich kurz warm. Wie gehts den Füßen? Immer noch alles gut. Dann kamen meine Neffen (die ihren Onkel vom Streckendrand aus, unbedingt anfeuern wollten) und meine Nichte in Begleitung ihrer Eltern. Wir liefen mit Dani und allen Anderen Richtung Start. Die Aufregung war jetzt schon deutlich vorhanden. Ich sagte gleich zu allen: Ich laufe mein eigenes Tempo und bin froh wenn ich es überhaupt über die komplette Distanz schaffe. Vor der Hamburg Aktion hätte ich evtl. eine andere Zielzeit angegeben. Aber jetzt nach allem was davor so passierte, setzte ich mir 2 Std. 20min. als Ziel! Durch die Teilnahme am Halbmarathon erhält jeder Teilnehmer nach dem Lauf ein gegrilltes Hähnchen und ein Bierchen. Das musste Ansporn genug sein.

Am Start habe ich mich etwas weiter hinten eingereiht, da ich mich nicht vom schnellen Anfangstempo der Anderen mitreißen lassen wollte. Während der kurzen Wartezeit beobachtete ich einige Mitläufer. Ich muss sagen: vom absoluten Jungspund bis zum Opa, vom Vollprofi bis zu verkleideteten Spaßläufern – es war einfach alles vertreten! Dann ein lauter Knall und es ging los. Mitten durch die Innenstadt. Die Strecke war umsäumt von Zuschauern und über die gesamte Strecke verteilt standen immer mal wieder einige Trommlergruppen die ordentlich Stimmung machten. Ein Feeling – fast schon wie bei der Tour de France.

Dann kam ich auch schon ein erstes Mal bei meinen Neffen vorbei und grinste noch fröhlich. Die erste Runde lief bis hierhin problemlos. Eine weitere Trommlergruppe am Fuße des Berges, die die Läufer mit lautstarker Musik nach oben peitschte, kündigte es bereits an, was jetzt gleich auf mich zukommt. Ich nahm mir vor nicht zu übertreiben und lief den Berg (wie von Dani vorgegeben) langsam nach oben. Puh. Das wäre schonmal geschafft. Nach einer Runde der Blick auf die Uhr: perfekte Zeit – wie im Training.

Erneut bei meinen Neffen vorbei. Dieses Mal hatte ich noch ein Grinsen übrig und wechselte einige Worte. Die Beine machten noch gut mit. Unterwegs dann ab und zu mal mit anderen Läufern ein bisschen geschwätzt – was ich mir im Nachhinein unterdrücken hätte sollen. Die Trommler am Berg waren bereits wieder zu hören. Also nochmal. Schön konzentriert und nicht zu schnell nach oben! Links und rechts überall Menschen die wirklich  jeden Läufer anfeuerten. Und auch hier wieder: geschafft. Blick auf die Uhr: immer noch perfekt! Vielleicht ein bisschen zu schnell. Und erneut lief ich durchs Ziel.

Nach einiger Zeit ging es bereits wieder an meinen Neffen vorbei. Diesmal war mein Gesichtausdruck vielleicht nicht mehr ganz so gut. Das Läuferfeld lichtete sich langsam ein bisschen. Man merkte deutlich das viele Läufer bereits nach der Ersten oder nach der zweiten Runde aufhörten. Ich lief weiterhin schön konzentriert die Strecke entlang. Und dann kam erneut der Berg in Sichtweite. Diesmal viel es mir schon deutlich schwerer. Die Anstrengung ließ den Schweiß nur so aus meinen Poren schießen… Ich biss, ich kämpfte, und…  ich kam oben an! Auf dem kurzen Weg zwischen Bergende und Ziel überlegte ich mir ernsthaft im Ziel nach links abzubiegen und somit den Lauf für mich zu beenden. Aber am Ziel angekommen lief ich (warum auch immer) automatisch nach rechts und entschied mich somit für die 4. und letzte Runde.

Tja, da muss ich jetzt wohl durch. Kurzer Blick auf die Uhr: mmmmmh, schon langsamer aber insgesamt immer noch super in  der Zeit. Die Beine wurden jetzt merklich schwerer. Ich merkte das ich deutlich langsamer vorankam. Es ging einfach nicht mehr. Meine Kräfte waren kurz vorm Ende. Aber das muss jetzt gepackt werden! Meine Neffen gaben alles und liefen ein kleines Stück mit mir mit. Als ich am Start/Ziel gegenüberliegenden Streckenabschnitt angekommen war, nahm ich mir etwas zu trinken und legte dabei eine kurze `gehen` Phase ein. Unter dem Laufen etwas zu trinken schien für mich unmöglich. (wie machen die das nur?) Das Gehen war vielleicht ein Fehler. Aber ich war so durstig. Durch das Gehen entspannt sich der Körper zu sehr und ich hatte das Gefühl ich könnte mich jetzt einfach hinlegen und mich gut fühlen. Kraftereservern? Bitte was? Jetzt nicht mehr. Und trotzdem: Was war das Ziel? Genau! Durchkommen – egal wie!

Da viel mir das Lied “Renn” von Enno Bunger wieder ein. In diesem Lied heißt es:

“Dieser Schmerz in den Gliedern geht tiefer und tiefer
zehrt an allen Nerven und Sinnen.
Doch was kann er schon deinem Willen erwidern,
noch einmal dich selbst zu bezwingen.”

 Also weiter Richtung Berg. Unterwegs kam mir jemand entgegen(!) der mich nach Dani fragte. Sie sei nicht im Ziel angekommen ob ich etwas wüsste?! Oh, shit. was ist da los? Aber nein, ich dachte sie sei ebenfalls schon längs im Ziel. Wird schon nichts passiert sein – ich muss auf jeden Fall weiter kämpfen. Viele Läufer waren nicht mehr unterwegs.

Die lautstarke Stimmung am Berg war bereits wieder zu hören. Also noch ein letztes Mal. Deutlich langsamer am Berg angekommen schmerzte jeder einzelne Schritt. Ich biss und kämpfte mich hoch. Überholte sogar noch ein paar Leute auf dem Berg. Aaaaaaaaaaaaah… und da war die Bergkuppe erreicht. Ich sammelte alle Reserven und holte raus was ging um die letzten Meter ins Ziel zu rennen! Meine Neffen waren mittlerweile ebenfalls zum Ziel gelaufen und ich sah sie am Wegrand. Yihaaaaaaaaaaa – nur noch ein paar Schritte und dann… war ich durch! Was für ein Gefühl. Ich kaputter Hund hab das wirklich geschafft! Mein Mund brannte. Ich deckte mich sofort mit mehreren Bechern Wasser ein und zog sofort meine Schuhe aus. Was für ein befreiendes Gefühl! 🙂 Ich glaub meine Neffen waren mächtig stolz auf ihren fertigen Onkel. Aber soll ich euch was sagen: Ich bin selbst total stolz auf mich! Ich hatte nicht wirklich eine optimale Vorbereitung, bin Raucher, war zuvor in Hamburg – 30 Std. ohne Schlaf, davor 2 Wochen erkältet gewesen, hatte eine Prellung am Fuß, …………………..  und ich bin trotzdem mitgelaufen und habs geschafft! Ok, die Zeit ist jetzt nicht sooooooo gut. Und mein Ziel für diesen Tag hab ich auch verpasst. Knapp! Aber verpasst: 2 Std. 20 min. 59 sek.

Eigentlich wollte ich nach dem Ziel eine Rauchen, mit der Hoffnung, dass diese mir nicht schmecken wird… aber denkste?! Nix wars. Naja, dann ein andermal wieder. Achja, Dani gings auch gut! Dann habe ich noch ein bisschen mit einigen Läufern und meinen Neffen geredet und nebenbei immer fleißig den Flüssigkeitshaushalt auf Vordermann gebracht. Und schließlich holte ich mir mein wohlverdientes Hähnchen und ein (nicht isotonisches) Bier ab 😉

Wieder daheim legte ich sofort meine Füße nach oben und chillte ein bisschen auf Balkonien. Was für ein crazy Wochenende! Wieviel Kilometer bin ich eigentlich in den letzten 4 Tagen gelaufen? Mal überlegen…………

An dieser Stelle möchte ich mich nochmals bei allen bedanken die mich neben der Strecke so lautstark angefeuert und an mich geglaubt haben! Das alles gab mir wohl die nötige Kraft und Energie dieses Abenteuer zu bestehen.

Und mein Dank geht auch an all die Menschen, die nicht(!) an mich geglaubt haben – das gab mir noch mehr Ansporn und sorgte wohl für die letzten Energiereserven ! 😉

Nachdem ich mir den Beitrag jetzt selbst noch einmal durchgelesen habe, fällt mir sofort auf: man merkt deutlich das ich diesen Text noch am gleichen Abend geschrieben habe. Die Aufregung und das Gefühl der Erleichterung schwingt in den Zeilen noch deutlich mit. Aber ich denke das gehört ein wenig dazu…

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